Invasive gebietsfremde Pflanzen
Invasive gebietsfremde Pflanzen (Neophyten) verbreiten sich auch im Thurgau und verdrängen die einheimische Vegetation. Es handelt sich dabei meist um Gartenpflanzen, die den Sprung in die Umwelt geschafft haben. Einige dieser Problempflanzen wurden schon mit einem Verkaufsverbot belegt und auch der Umgang mit ihnen, ausser zur Bekämpfung, ist untersagt. Dazu gehören zum Beispiel das drüsige Springkraut, die Goldrute oder der japanische Knöterich, die von Kanton und Gemeinden heute mit erheblichem finanziellen und personellen Aufwand und mässiger Aussicht auf Erfolg bekämpft werden.
In Fischingen breitet sich zum Beispiel der japanische Knöterich entlang der Murg immer weiter aus.Potenziell problematische Pflanzen
Andere, potentiell problematische Pflanzen, stehen auf einer Watch-Liste (zu finden unter www.infoflora.ch). Für diese gilt seit 2013 eine Beschriftungspflicht. Das heisst, Gärtnereien müssen diese Pflanzen mit auffälligen, gut sichtbaren Etiketten (siehe Beispiel unten) versehen, mit denen auf die Gefahr hingewiesen wird und auf denen Pflegehinweise sichtbar sein müssen.
Zu diesen potentiell problematischen Pflanzen gehören einige, die in vielen Gärten zu sehen sind. Der Kirschlorbeer wird wegen seiner immergrünen Blätter als Gartenhecke geschätzt, genau dieses Merkmal bereitet jedoch Probleme wenn diese Pflanze in die Wälder auswildert und das Aufkommen des Jungwaldes durch starke Beschattung verunmöglicht. Der Sommerflieder, auch als Schmetterlingsbaum bekannt, ist für die heimischen Insekten weniger förderlich als gemeinhin angenommen. Zwar laben sich Schmetterlinge gerne an seinem Nektar, doch fällt die Blüte in eine Zeit mit auch anderweitig reichlichem Nahrungsangebot. Den Raupen ebenjener Schmetterlinge bietet die Pflanze keine Nahrung und ihre Verbreitung auf Sand- und Kiesbänken an Flussläufen sowie in Kiesgruben hat enorme Aussmasse angenommen. Die japanische Fächerpalme, auch Hanfpalme genannt, bereitet bisher eher im wärmeren Tessin Probleme. Aufgrund erwarteter Temperatur-verschiebungen und der Anpassungsfähigkeit von Pflanzen, wird eine problematische Entwicklung zu einem späteren Zeitpunkt auch in der nördlichen Schweiz erwartet. Schon heute sind wilde Triebe in Städten, wo Temperatur und Mikroklima sich von der Umgebung unterscheiden, beobachtet worden.
Kontrolle der Beschriftung
Diesen Sommer hat der Kanton Thurgau die Befolgung dieser Pflicht stichprobenartig in über 30 Gärtnereien und Gartenbaucentern untersucht.
Die Bilanz der Kontrollen fiel durchzogen aus: nur circa 10% der Betriebe hatten alle Neophyten korrekt beschriftet, bei etwa einem Drittel fehlten die Bezeichnungen komplett, ein weiteres Drittel hatte erfreulicherweise keine Neophyten im Sortiment. Pflanzen die mit einem Verkaufsverbot belegt sind, wurden in keinem Betrieb gesehen.
Im Gespräch mit Gärtnerinnen und Gärtnern war eine gewisse Skepsis gegenüber der Beschriftungspflicht spürbar. Das Problembewusstsein ist bei einigen Gärtnern, wie auch bei grossen Teilen der Bevölkerung, noch nicht vorhanden.
Verzögerungsphase
Das perfide an der staatlichen Bekämpfung von Neophyten ist die Tatsache, dass viele Pflanzen Jahrzente bis, wie bei der Robinie, Jahrhunderte in unseren Breitengraden in Gärten wachsen können, ohne sich auszubreiten oder Probleme zu verursachen. Durch Veränderungen in der Landschaft oder in den Temperaturen, oft auch durch eine erfolgreiche Anpassung der Pflanze, kann es plötzlich zu einer Ausbreitung mit den bekannten Begleitproblemen wie Verdrängung einheimischer Pflanzen, Bildung grosser Monokulturen, Destabilisierung von Böden etc. kommen. Ausserdem Verhalten sich viele Pflanzen in unseren Breiten unvorhersehbar anders als in ihren Herkunftsländern.
Die Schwierigkeit besteht darin, dass man reagieren muss, bevor es zu spät ist. Dies fällt jedoch in die Verzögerungsphase, eine Zeit, in der das Problem noch nicht sichtbar und das Verständnis für ein Verbot der Pflanze – was zu finanziellen Einbussen führt – gering ist.
Verantwortlichkeiten
Der Kanton hat die Gemeinden aufgerufen, eine Ansprechperson für Neophyten zu melden. Das Neophytenkonzept des Kantons sieht vor, im nächsten Jahr eine Schulung für diese Neophyten-Ansprechpersonen durchzuführen. Sie sind die Ansprechpartner der Bewohner einer Gemeinde an die sich Bürger und Bürgerinnen mit ihren Fragen zu Neophyten wenden können.
Neben den Gärtnern und Gemeinden, stehen auch die Einwohner und Gartenbesitzer in der Pflicht. Pflegehinweise von Neophyten müssen strikte umgesetzt und beim Neukauf der Fokus auf einheimische Pflanzen gelegt werden.